english home admin zurück
ABBA
Biografie / Portrait
 
ABBA , 1972 in Stockholm gegründet, machten mit zeitlosen Popschlagern, die sich nur bedingt modischen Trends unterwarfen, "das Knopfdrücken am Autoradio wieder zu einer lohnenden Sache" ("Rolling Stone"). Zu einer Zeit, da auch Dilettanten-Bands gleich mit einem Album debütieren durften, definierten sie die Single als musikalische Visitenkarte im Popgeschäft neu. Björn Ulvaeus (g), geboren am 25. April 1945 in Göteborg, und Benny Andersson (kb), geboren am 16. Dezember 1946 in Stockholm, bastelten einprägsame, pfiffig arrangierte Ohrwürmer, die ihre (zeitweiligen) Ehefrauen Agnetha Fältskog (voc), geboren am 5. April 1950 in Jönköping, und Anni-Frid "Frida" Lyngstad (voc), geboren am 15. November 1945 bei Narvik, Norwegen, "mit der höflichen Distanziertheit von Chorsängerinnen" ("New York Times") zum besten gaben. Nach ansehnlichen Solo-Erfolgen in schwedischen Jazz-, Folk-, Pop-Ensembles traten die Paare Benny/Frida und Björn/Agnetha ab 1970 zunächst als Festfolk Quartet oder Engaged Couples in Göteborger Restaurants und Clubs auf. Der Stockholmer Plattenunternehmer Stig Anderson (Polar Records) brachte die Karriere der vier dann auf Kurs. Er animierte die Individualisten, sich einen Team-Sound zu erarbeiten, und riet ihnen, die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen zum Markenzeichen (A-B-B-A) zu vereinen, obwohl dies auch der Handelsname der größten schwedischen Fischfabrik war. Erste ABBA-Tonkonserven (People Need Love; 1972) brachten nur wenige Pop-Fans auf den Geschmack; bei der schwedischen Vorentscheidung zum Grand Prix d'Eurovision fiel das Quartett mit Ring Ring 1973 durch. Im darauffolgenden Jahr, beim Eurovisionswettbewerb in Brighton, England, machten ABBA dann den großen Fischzug: Vor einem potentiellen TV-Publikum von 500 Millionen Zuschauern in 32 Ländern gewannen sie mit Waterloo den ersten Preis. "Auf einen Schlag löste Popmusik die Rockmusik ab" ("New Musical Express"). ABBA, die "Avantgarde des Normalen" (Kultblatt "Elaste"), verabreichte nach diesem sensationellen internationalen Einstand der Konsumwelt Coca-Cola für die Ohren und bediente sich dabei eines musikalischen Esperanto: Mamma Mia, S.O.S., Money Money Money, Voulez-Vous, Honey Honey. "Amerikanisches Schmalz mit teutonischem Rhythmus und skandinavischem Singalong-Feeling" ("Newsweek") war eine unwiderstehliche Pop-Mixtur, die sich überall absetzen ließ.


"Niemals in den Annalen der modernen Popmusik hatte eine bekannte Gruppe so wenig von literarischem Interesse zu sagen und war dennoch so einflußreich", konstatierte die "New York Times". ABBA borgten vom US-Pop der sechziger Jahre (Connie Francis, Motown, Phil Spector, Beach Boys, The Mamas And The Papas) und schlugen eine Brücke zum Synthesizer-Pop der Gegenwart. Ihr rigider Song-Rhythmus, ihre Eigenart, jede Textsilbe stakkatogleich einer Note zuzuordnen, und ihr eklektizistischer Umgang mit Musikeinflüssen aus dem globalen Dorf inspirierten Sänger und Songschreiber wie Elvis Costello, The Clash, The Police, Human League, ABC. In vier Jahren verkauften ABBA, inzwischen längst Teilhaber bei Andersons Polar, 53 Millionen Platten und avancierten zur erfolgreichsten Popgruppe seit den Beatles. Ihre Gewinne investierten sie mit beträchtlicher Rendite in die heimische Konsumgüter-Industrie, Computerleasing, Immobiliengeschäfte, Kunsthandel. Auch in ihrem Hauptberuf legten die ABBA-Artisten mehr Substanz zu. Mit ansteigendem Erfolgsdruck und zunehmenden Privatproblemen wurden ihre LPs düsterer; der frivole, spielerische Singsang der Waterloo-Jahre wich mehr und mehr introspektiven Balladen und Chansons voller Abschiedsschmerz oder Paranoia. Ihr neuntes Album, The Visitors (1982), ließ zu hübschen Melodien sentimentale Texte aus einer häßlichen Welt am Rande des nuklearen Holocaust erklingen. In jener Zeit löste sich der Gruppenverband auf. Frida und Agnetha starteten Solokarrieren, Benny und Björn dachten sich mit dem englischen Texter Tim Rice (Evita) das Musical Chess aus, das 1984 auf Platte erschien. Eine Bühnenversion kam 1986 in London heraus, wurde 1988 am Broadway jedoch ein Flop. Ein zweites Musical von Andersson und Ulvaeus, Kristina Fran Invelma, hatte am 7. Oktober 1995 im schwedischen Malmö Premiere, kam aber nicht auf die internationalen Bühnen. Die Original Cast-CD erreichte in den schwedischen Charts Position zwei. ABBAs Mentor Stig Anderson erlag im Alter von 66 am 12. September 1997 in Stockholm einem Herzschlag. Der Mythos der Gruppe lebte fort. Best-of-Zusammenstellungen erzielten bis in die neunziger Jahre Millionenverkäufe, ABBA-Coverversionen, in den achtziger Jahren von Blancmange, in den Neunzigern von Erasure, fanden immer ein großes Publikum. Besonders die vollelektronischen ABBA-Songs von Erasure sorgten für ein ABBA-Revival und trieben den Verkauf der Kompilationen ABBA Gold (1992) und More ABBA Gold (1993) in schwindelnde Höhen. Während die ABBA-Musiker sich entweder vom Musikgeschäft zurückgezogen hatten - wie Fältskog und Lyngstad - oder sich vor Gericht mit dem früheren Management stritten - wie Ulvaeus und Andersson -, konnte das Fake-Quartett Björn Again mit dem Nachsingen von ABBA-Titeln reich und berühmt werden. Aber auch veritable Rockgruppen wie U2 erwiesen den schwedischen Pop-Artisten ihre Reverenz und sangen - gemeinsam mit Ulvaeus und Andersson - 1992 Dancing Queen. Welche Bedeutung ABBA-Musik in den siebziger Jahren für den einzelnen Fan haben konnte - der australische Film "Muriels Hochzeit" (1994), dessen Protagonistin ergebener Fan ABBAs war, ließ es ahnen. Am 6. April 1999, exakt 25 Jahre nachdem das Quartett mit Waterloo den Eurovision Song Contest gewonnen hatte, kam im Londoner Prince Edward Theatre das Musical Mamma Mia heraus. Buchautorin Catherine Johnson stellte den Generationenkonflikt zwischen einer traditionell denkenden jungen Frau Anfang Zwanzig (Sophie) kurz vor ihrer Hochzeit und ihrer emanzipierten Mutter Mitte Vierzig (Donna) mittels 27 ABBA-Songs dar. Björn, Benny, Anni-Frid und Agnetha erschienen zur Premiere und dementierten abermals Pläne einer Reunion. In London drei Jahre lang durchgehend ausverkauft, erlebte "der erste große Musical-Hit des neuen Milleniums" (‚Herald Tribune') seine Deutschlandpremiere im November 2002 am Operettenhaus Hamburg.


(Quelle: musicline.de)